Hehlerei im Auftrag des Rechtstaats
Staatlich tollerierte Hehlerei
Einer auf Steinbrücks Spuren...
In den letzten Wochen und Monaten konnte man in der Presse viel über „Steueroasen“, „Steuerhinterziehung“ „Steuerflüchtlinge“ u.dgl. lesen. Was dem einen, dem armen Staat zu Schaden gereicht, verhilft dem andern, dem armen Steuerflüchtling zu ein wenig Extravermögen.
Nun, da in Deutschland ein jeder weiss, dass man als Finanzminister und Vertreter eines Rechtsstaats durchaus Gesetze brechen darf, wenn es der Allgemeinheit dient - ein Verhältnis 1:60 reicht nach dessen Aussagen als Rechtfertigung bei weitem aus - darf man gespannt sein, ob die deutschen Richter dieser Argumentation eines Tages auch folgen werden.
Bürger und Steuerzahler erwachet!
Da ein derartiges Rechtsstaatsverständnis im heutigen Europa nichts mehr zu suchen hat, anbei eine Äusserung meines früheren Strafrechtsprofessors Mark Pieth, welche das „fehlgeleitete Rechtsverständnis“ des deutschen Finanzministers - aber auch all seiner Gleichgesinnten - offenbart. Viel mehr der Worte braucht es dazu nicht mehr:
„Es gibt Leute, die meinen, in besonders schlimmen Fällen ist die Beschaffung von Beweisen mit allen Mitteln zulässig. Das ist eine Auffassung, die wir aus dem Hexenprozess kennen. Dort galt, je schlimmer die Tat ist, desto weniger muss sich der Ermittler ans Recht halten. Doch das Umgekehrte ist der Fall: Je schlimmer der Vorwurf ist, desto mehr ist man darauf angewiesen, die Rechtsstaatlichkeit zu wahren. Diesen Denkfehler machen Experten auch in Fällen, wo es um Terrorismus geht.“
Da sich die Staatsmacht in der aktuellen Steueraffäre selber ja keinerlei „Mitschuld“ am Gebaren seiner ungetreuen Steuerbürger bewusst ist und sich deshalb auch nicht genötigt sieht, nach den eigentlichen Ursachen dieses Gebarens zu forschen, sondern lediglich die Symptome reichlich unbedarft und neuerdings auch rechtswidrig „bekämpft“, anbei zu dessen Besinnung ein Leserbrief aus der FAZ vom 4.3.2008, wonach Steuerhinterziehung im grossen Stil bereits zur Römerzeit (und davor) gang und gäbe war.
Wichtige Erkenntnisse daraus gezogen hat die Obrigkeit in den vergangenen Jahrhunderten offenbar noch keine - wie noch in so vielen anderen Bereichen auch nicht.
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Alles wie schon vor 2000 Jahren
Die Vorgänge um den Post-Vorstandsvorsitzenden Zumwinkel erinnern an ähnliche Umstände, die allerdings schon um die 2000 Jahre zurückliegen und uns bedauerlicherweise nur lückenhaft, nämlich durch einen als unsicher eingeschätzten Historiker und einige Brieffragmente überliefert sind. Es geht dabei um das Schicksal des Claudius Adangulum, seines Zeichens Praeses des Collegium Rectorum des Cursus Publicus, der römischen. Staatspost, der für die Provinzen Unter- und Obergermanien sowie Rätien zuständig war. Dem Ritterstand angehörig, bewohnte er in Köln eine stadtnahe Villa urbana.
Auf Wegen, die man nur erahnen kann, war er mit der Zeit zu viel Geld gekommen. Wahrscheinlich vermittelte er Privatpersonen sogenannte Diplomae, die zur Nutzung der Post berechtigten, oder nahm auf die Vergabe von Bau- und Unterhaltungsarbeiten Einfluss. Aus seinen Einnahmen hätte er jedenfalls an das Aerarium, die Staatskasse in Rom, Vermögensteuer abführen müssen. Das aber tat er nicht in dem erhofften Umfang, deponierte vielmehr erhebliche Beträge bei einer Mensa, also einer Bank, die ein helvetischer Fürst an der Fernstrasse zwischen dem heutigen Chur und Bregenz hatte betreiben lassen. Man vermutet deren Ort etwas nördlich von Clunia (Feldkirch).
Gegen Zahlung der für die damalige Zeit horrenden Summe von drei Millionen Sesterzen - Cicero hatte beispielsweise bei einer Gelegenheit nur 600.000, also etwa 84.000 Euro, flüssig und musste in gleicher Höhe seinen Bankier Titus Pomponius Atticus bemühen - verriet nun ein Freigelassener die Einlagen des Adangulum und seinesgleichen an sog. okkulte Exploratoren der römischen Senatsverwaltung.
Von Untergermanien bis ins Noricum, ja selbst noch im freien Germanien bei den Chaukern, griffen darauf die örtlichen Ädile zu. In Köln verstauten sie beschlagnahmte Briefe kurzerhand in einer Amphore, deren Aufschrift für einen hervorragenden, aus dem Mattiakerland bezogenen Tropfen sprach. In Rom erklärten sich die amtierenden Konsuln, die sich die Möglichkeit einer Wiederwahl offenhalten wollten, und Teile des Senats mit dem Coup einverstanden.
Was die Acta diurna, die Tagespresse, schrieb, erfüllte eine neidische Plebs mit Schadenfreude. Ein Wochenbericht stilisierte den Adangulum gar zum Hostis, zum Staatsfeind. Der Freigelassene indes, der seine Interessen durch einen Tabellio, einen Notar, hatte wahrnehmen lassen, entschwand wahrscheinlich nach Ägypten, so dass es den Helvetiern nicht gelang, ihn vor ein eigenes Gericht zuziehen. Der helvetische Fürst, der den Titel „Freund des römischen Volkes“ (Amicus Populi Romani) führte, ging zu diesem auf Distanz. Was weiter geschah, verliert sich im Dunkel der Geschichte.
DR. DIETER H. FRIESSEM, LEINFELDEN-ECHTERDINGEN
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